Liebe Gemeinde, liebe Freundinnen und Freunde der Christuskirche,

gestern, bei Maischberger, setzte ein Politiker im Gespräch über die Lage der Nation eine perfekt platzierte Pointe: „Unser Problem ist nicht die Vielfalt – unser Problem ist die Einfalt“. Sofort hatte er natürlich die Lacher des Publikums auf seiner Seite und sein getroffener Adressat aus dem gegnerischen politischen Lager musste heftig rudern, um halbwegs unbeschadet aus der Situation herauszukommen. Einfalt ist ein Wort, das in unseren Ohren negativ klingt. Einfältig – das ist so viel wie dumm, töricht, beschränkt.

Dabei hatte das Wort ursprünglich eine positive Bedeutung. Ein-fältig bedeutete so viel wie einfach, im Sinne von aufrichtig und klar, nicht doppelbödig, ungeteilt. Die siebte Strophe des Liedes (337) „Gott ist gegenwärtig“ beginnt damit: „Mache mich einfältig, innig, abgeschieden, sanft und still in deinem Frieden.“

Aus der Vielfalt in die Einfalt, aus der Zerstreuung in die Sammlung. Wir brauchen das. Als Einzelne und als Gemeinde. Unsere Gottesdienste bieten solche Momente, in denen wir zur Ruhe kommen. Wo wir ganz bei uns sind. Ganz im Augenblick. In dieser Einfalt liegt die Kraft, die ich brauche, um Vielfalt zu leben und zu genießen. Sonst kann das Gegenteil eintreten: Dass Vielfalt Angst macht. Auch in der Gemeinde. Wir brauchen beides.

Vielfalt und Einfalt. Vielfalt ist das Beste gegen Einfalt. Und Einfalt ist das Beste für Vielfalt.

Pastor Edgar Lüken